Ukraine

 

 

Dialogperspektiven für die Ukraine

Reisebericht

 

Ziele der Reise:

Eine Delegation von Grünem Klub, Renner-Institut, friedenspolitischen NGOs (International Institute for Peace IIP, Kelman Institute) aus Österreich[1] sind in die Ukraine gereist, um zu eruieren, in wie weit es bereits  Dialoginitiativen gibt, die zur Beilegung des Konfliktes in der Ukraine und zur Versöhnung beitragen, die wir unterstützen könnten; und wie die Zivilgesellschaft in der Ukraine gestärkt werden kann. Wir haben Initiativen in Kiew und in Charkiw besucht.

 

Zusammenfassung:
 

Schwerpunkt des Kiew-Aufenthaltes waren das Kennenlernen zahlreicher kultureller und politisch engagierter Initiativen wie dem Visual Culture Research Center, House of Free People (Beratung für internal displaced people - IDP), das Theater of Displaced People, die Anti-Korruptionsinitiative, der online-Sender Hromadstke TV und das außeruniversitäre Forschungsinstitut CEDOS. Alles ermutigende Initiativen der Zivilgesellschaft, die für die Demokratisierung und die Menschenrechte in der Ukraine eintreten. Die meisten von Ihnen waren am Majdan und kämpfen nun um eine stabile Entwicklung, gegen Korruption, aber auch gegen Dekommunisierung (ein Gesetz zum Verbot sowjetischer Denkmäler), für eine stabile Öffnung des Landes Richtung EU-Europa und gegen die Unsicherheit eines neuerlichen Rückfalles in die russische Einflusssphäre. Der Konflikt in der Ostukraine wird von den meist jungen GesprächspartnerInnen kaum aktiv angesprochen.

 

Treffen mit dem IKRK, OSZE, Botschafts- sowie der Termin mit dem Direktor der AVAL-Bank bildeten einen guten Orientierungsrahmen.

 

OSZE-Hug berichtete von den Problemen bei der Trennung der Konfliktparteien, der Einrichtung eines gemeinsamen Militärrates, den politischen Grenzen der Beobachtermission, aber auch der erfolgreichen Wiederbelebung des Waffenstillstandes seit Schulbeginn am 1.September. Das IKRK baut seine Mission gerade und vor allem auf ukrainischer Seite auf. Sie setzen verstärkt auf Direkthilfe bzw. auf Hilfe zur Selbsthilfe. Erfolge und Zugang auf der Seite der Separatisten sind bisher begrenzt. Möglicherweise kann da die Entmilitarisierung gemeinsam notwendiger Infrastruktur wie die Wasserleitung eine gemeinsame Plattform bilden. 

 

Nicht zuletzt auch die Reise nach Charkiv/Kharkov hat gezeigt, dass Vermittlungs- und Dialogarbeit bedeutend für die zukünftige Entwicklung des Landes ist. Nur 30 km von der russischen Grenze entfernt und aufgrund des Empfanges beider Medienwelten wirken die GesprächspartnerInnen hier zurückhaltender gegenüber EU – weisen auf die negative Wirtschaftsentwicklung der vergangenen 2 Jahre  hin – und erkennen eine höhere Notwendigkeit sich auch um den Frieden in der Ukraine zu bemühen.

Schlussfolgerungen
 

Der Krieg in der Ukraine ist von einem zeitweise opferreichen Konflikt auf niedrigem Niveau an der Grenze zur Ostukraine abgelöst worden. In der Zivilgesellschaft in Kiew wird der Konflikt selbst eher verdrängt. Sie konzentriert sich auf Versorgung  der IDPs sowie auf eine weitere positive Entwicklung der Demokratie und gegen Korruption.

Die Situation an der roten Linie braucht weitergehende Truppenentflechtungen und Rückzug schwerer Waffen im Sinne von Minsk. Hier besteht Hoffnung, dass bis Dienstag 20.September eine Vereinbarung getroffen wird. Es braucht weitergehende politische Perspektiven über Minsk hinaus. Die Debatte über die Verfassungsreform in der Ukraine und die Wahlen in den Separatistengebieten scheint nicht zielführend. Möglicherweise wären da humanitäre Initiativen im gemeinsamen Interesse der Konfliktparteien (Verkehr, Wasser, Infrastrukturversorgung, aber auch wirtschaftliche Beziehungen) ein aussichtsreicheres Spielfeld das auch die Konfliktlösung fördert. Kontakte und Dialoge auf gesellschaftlicher Ebene wären alleine schon deswegen wünschenswert, damit sich der Konflikt nicht in den Köpfen weiter verfestigt. 

Das heißt allerdings nicht, dass der Konflikt damit überwunden ist. Die kulturellen und auch sprachlichen Unterschiede, aber auch die religiöse Spaltung in eine Orthodoxie nach Moskauer und eine nach Kiewer Patriarchat birgt nach wie vor erhebliches Konfliktpotenzial.

 

Mögliche Folgeprojekte:

  • theatre of displace people Auftritt in Wien für weitere TheatermacherInnen in Wien bewerben um Folgeauftritte in Wien zu vermitteln;

 

  • Bootsaktion von Maria Kulkovska und Lesia Kolshinska bis nach Wien im kommenden Frühjahr, evt. auch Ausstellung dazu in Wien;

 

  • Auftritte von Katerina Myschchenko, die am 9.November im Burgtheater in Wien zu hören sein wird, evt. auch Einladung in den Klub;

 

  • Schulpartnerschaften zwischen Donezk, Lugansk, Ukraine und Österreich, Erasmus plus;

 

  • summer school mit vorhandenen Dialoginitiativen des Institutes für Frieden und common ground; mit Journalisten aus Ukraine, Donezk, Lugansk und Russland; mit Seelsorgern von Kriegsgefangenen von beiden Seiten und gegensätzlichen orthodoxen Kirchen, (gemeinsam mit Bildungseinrichtungen und Friedensinstituten, Tranzit)

 

  • fund raising für Fortsetzung vorhandener Dialoginitiativen,

 

  • humanitäre Hilfe von IKRK, Caritas und people in need unterstützen.

 

 

 

 

 

 

 

 

ZUSAMMENFASSUNG DER TREFFEN UND DISKUSSIONEN

SUMMARIES OF THE MEETINGS AND DISCUSSION

 

7th of September 2016

16:00h

Institute for Peace and Common Ground

Jakob Fürst

 

Abstract:

16 Uhr „Institute for peace and common ground“, auf Anregung der österr. Botschaft[2] haben einen umfassenden Einblick in die Dialog- und MediatorInnenszene erhalten. Es gibt bis zu 12 Dialoginitiativen, die aufs ganze Land verteilt in verschiedenen Feldern wie Rechtsfragen, Vorbeugung gegen Jugendkriminalität, Strafrechtsreform, Gemeindezentren für die Stärkung von Gerechtigkeit, Krim-Dialog tätig sind. Die Finanzierung von 2 Schwerpunktprojekten gegen Polarisierung des Konfliktes in der Ukraine bisher von Schweizer Fonds bedeckt, läuft 2017 aus.

 

Nina Khodorivska,                                   NGO “Theatre for Dialogue”

Vladyslava “Lada” Kanevska,                            Vice President of the National Association of Mediators of Ukraine / (informal) Network of Dialogue Facilitators

Larissa Vezbitskaya,                                NGO “New Country” (novakraina.org)

Svitlana Salamatova,                                           NGO “Angels of the Country” / Vice President of ICAI (Culture, International Affairs, Europe, MENA countries)

Olena Kashkarova,                                             Network of Dialogue Facilitators / NGO “Foundations for Freedom”

Insa Nieberg,                                                       MediatEUr (Mercator Kolleg für internationale Aufgaben, OSCE)

Miguel Varela,                                         MediatEUr

Roman Koval,                                          Institute for Peace and Common Ground

Iuliia Demchuk,                                       Institute for Peace and Common Ground

Peter Steyrer

Jakob Fürst

 

The meeting has been described as fruitful by most participants, also for the ongoing networking process among the Ukrainian mediators and activists present.

 

Methodology and topics: The participants know of dozens of methodologically very different dialogue processes and discussion formats taking place all over Ukraine. These are currently being mapped by MediatEUr and range from simple round tables to community-based exchange between activists, business and local authorities to non-violent communication workshops, restorative justice and trainings. They also deal with the IDP situation and spontaneous eruptions of violence, such as the assaulting of bus drivers due to increased tensions over transport issues after the Maidan “Revolution of Dignity”. Also, civil society often seems to be against their local governments as “nothing changed after Maidan – so why should we support them?” There are also DDR attempts while it is still unclear whether to rather “treat soldiers or society and what role psychological issues should play here”.

Funding: Most of these initiatives are funded only for a short period, so real conflict transformation can hardly be pursued. According to Nina, activists are polarised between pro-Ukraine (“whatever that means”) and pro-Russia/the Separatist republics. Whole cities changed sides – and the people know what their neighbours “were doing before the change” (“they kind of know that the others are also just people but still, they are scared and don’t want to talk or meet”). Lena adds that this polarisation often pops up at the end of an event with a subsequent lack of time to approach this issue. This is why long-term funding is needed; “the line is not between territories, but between minds, it’s not so simple”. 12 communities near the Russian border have been selected (Mykolaiv, Sumy, Odessa) although it is the same everywhere (“in minds”) – and dialogue is not popular with the donors, Roman says. Miguel says that there is a lot going on dialogue-wise but no real cohesion in donors’ action, “they fund here and there”. Lada suggests donors’ meetings with coordination of OSCE or UNDP (?).

 

What is the conflict: The main conflict line in Ukraine is “pro-authoritarian” vs. “pro-Europe” according to Roman. Lena stresses that it is hard to say where the line of conflict lies. Lada proposes that on a (common?) needs level (such as “safety” or “future”); people may be helped understanding each other.

 

What initiatives are there: Iuliia offers help in collecting and documenting more initiatives. Those in the East are less known as it is not so easy to cross the contact line. Lena adds that there is a lot of focus in dialogue initiatives, though. Asked about the participation of the processes Svitlana mentions that in her projects, 40 % of participants are out of civil society, 30 % each are business-related and governmental. Some post-Maidan mayors initiate dialogues themselves. Roman says that they work mainly with communities (Gemeinden) and that there is a dialogue necessary about how to enter and conduct dialogue at all. Civil society participants are preferred; usually, the dialogues are conducted by two people: a community representative and a facilitator. Depending on the topic, outsider facilitators have to be included in the process. Sometimes, initiatives that are not even supposed to be a dialogue, convert into one (e.g. a candle-making workshop).

 

What we can do: Lada suggests support for cohesion, coordination, retreat, supervision “how to [methodologically/psychologically] survive”. A translation of the book “Homo mediator” would be appreciated.

 

The Eastern oblasts: New rules need to be created, according to Svitlana. Dialogue could be a great tool for democratically creating new rules. In the East, the rules are clear and “transparent” – business prevails.

 

The IDP situation: They are partly moving back to the East for the winter, Lada says. If they can’t find housing (which happens often), they would move back to their old houses. In need of jobs, they may then join the (separatist) forces, Nina says.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

07.September.2016

19:00 Uhr

Vernissage der Ausstellung: Draft Crimea at VCRC (Visual Culture Research Centre)

Vernissage einer Ausstellung und Treffen mit VertreterInnen des Zentrums. Die Ausstellung zeigt ein Raftingboot, mit dem die Künstlerin Maria Kulkovska von der Krim, den Don bis an die rumänische Grenze abgefahren ist. Dort wurde sie von den ukrainischen Behörden an der EU-Außengrenze  zurück gewiesen. Die Ausstellung mit zahlreichen Videoinstallationen und Objekten von der Reise ist ein interessantes Dokument wie eine aus der Krim geflohene junge Frau mit ihrer Mutter in der Ukraine rechtlos, aber auch an der EU-Außengrenze aussichtslos ist und scheitert.

Das Gespräch im Anschluss reißt eine ganze Menge Themen der folgenden Tage wie IDP, Dekommunisierung, Hoffnungen vom Majdan, Anti-Korruptionsarbeit und der Rolle Russlands bei der Besetzung der Krim sowie der Oblaste Donezk und Lugansk an.   

 

 

8.9.2016, 8:30 Frühstück mit Florian Kohlfürst, MA, Attaché Österreichische Botschaft in Kiew

Georg Blaha

 

Abstract:

8.30 Uhr Frühstück auf Einladung der österr Botschaft mit Florian Kohlfürst im „Cityhotel“: offener Meinungsaustausch zur Entwicklung in der Ukraine (Umfragen 17 % Timoschenko; 14 % Poroschenko, Zustimmung zu Nato und EU inzw. geringer.  Österreichische Linie zu dem Land – OSZE Präsidentschaft mit Akzenten auf Dialog „das ist wichtig damit sich der Konflikt nicht festsetzt“, Frauen,… Österreich wird als Hafen f ukrainische Korruption und Oligarchen betrachtet.

 

Hr. Kohlfürst ist zum Zeitpunkt des Gesprächs den zweiten Monat in der Österreichischen Botschaft in Kiew tätig.

Zur anfänglichen Frage nach der Einschätzung der Situation in den Separatistengebieten und möglicher Kontakte dorthin erklärte Kohlfürst, dass neben dem IKRK eine Tschechische NGO (people in need) Zugang zum Separatistengebiet hat, es sei offenbar entsprechendes Vertrauen vorhanden.

Zur Einschätzung der politischen Lage im regierungskontrollierten Teil der Ukraine meinte er, dass die Regierung zwar nicht stabil sei, es nach seiner Einschätzung aber im nächsten Jahr keine Neuwahl geben werde.

Zur Frage nach den russischen Interessen am Ukrainekonflikt meinte er, dass es offenbar um die Destabilisierung der Ukraine gehe.

Es gibt eine Umfrage, derzufolge die EU-Beitrittsstimmung in der Bevölkerung im Sinken ist – mittlerweile unter 50%, Gleiches gilt für einen NATO-Beitritt.

Trotz der im 2. Minsker Abkommen vereinbarten Kontaktlinie haben die Separatisten das von ihnen militärisch kontrollierte Gebiet Richtung Westen etwas ausgeweitet.

Die Regierung ist derzeit uneinig bzgl. des im Minsker Abkommen vorgesehenen Dezentralisierungsbeschlusses.

 

 

 

 

 

 

 

Thursday, 8th of September 2016

HOUSE OF FREE PEOPLE

10.00 – 12.00h

Stephanie Fenkart

 

Crimea SOS:              Eugenia Andreyuk (Deputy Director) eugenia.andreyuk@krymsos.com

                                   https://krymsos.com/en/

Right to Protection     Olena Vynogradova (Legal Analyst) o.vynogradova@r2p.org.ua

Vostok SOS               Tetiana Bezruk bezruck@gmail.com

                                   https://vostok-sos.org

 

Abstract:

10.00 Uhr „House of free people“   Es handelt sich um konkrete Beratungsstellen fd lt ihren Angaben 1,8 Mio IDP (IKRK sagt 1,4 Mio). Sie werden meist bei Verwandten und Freunden untergebracht und haben keinerlei Rechte, Versorgung oder finanzielle Unterstützung. Darum kämpfen diese Initiativen. Sie sind auch in der psychologischen Betreuung und Traumabearbeitung tätig.

 

The HOUSE OF FREE PEOPLE centre has opened in Kyiv in August 2015. It consists of a number of NGOs who are working with IDPS (Internally Displaced Persons) who fled the war in Donbas and the annexation of Crimea by Russia.

HOUSE OF FREE PEOPLE was created in order to enable IPDs to receive legal and psychological consultations, humanitarian aid and professional advice on job search and employment issues, as well as to discuss other important problems regarding their livelihood. It is representing the following organizations: CrimeaSOS, Vostok-SOS, Employment Center of Free People, Right to Protection and New Donbas.

 

The House of Free People was organized by CrimeaSOS as a social initiative and is supported within the framework of “Ukraine Confidence Building Initiative” (UCBI) funded by U.S. Agency for International Development (USAID). It is also supported by the Carnegie Centre Europe and Leiden University.

 

The idea of the creation of the HOUSE OF FREE PEOPLE is to help to solve problems of IDPs faster and save lots of time and vigor. "Unfortunately, we cannot solve all problems faced by IDPs. They include, first of all, employment and accommodation. HOUSE OF FREE PEOPLE’s objective is to solve this task. Indeed, why wasting time while searching required specialists and organizations, if all of them are located in the same premises?».(Tamila Tasheva, co-founder and coordinator of CrimeaSOS social initiative).

 

Dialogue and Reconciliation: (Tetiana Bezruk)

  • Due to the foreign/Russian aggression it is very difficult to talk about reconciliation, especially as the war still goes on people have a lot of negative experiences which is not facilitating any dialogue-projects; I think (Tetiana) there is no reconciliation possible until the war is not stopped, it is even difficult to talk about reconciliation at these times; Tetiana is originally from Crimea and came to Kyiv as an IDP (?); her husband is from the Donbas region and also living in Kyiv; they did experience various challenges when coming to Kyiv
  • Dialogue & reconciliation is especially difficult because people are disappearing, illegally detained and/or executed
  • Critical organisations are not granted accreditation to the occupied territories; this is a huge problem
  • Although it is a Russian aggression in Eastern Ukraine, Ukraine itself also missed many things
  • Problems at the checkpoints: There are only two checkpoints (official corridors) in Luhansk, which is only opened until 5 pm and where vehicles cannot pass; this means that there are huge queues (one to 20 hours); in Donetsk there are four checkpoints. 25 000 people are crossing the contact line every day.
  • In order to receive pensions IDPs have to cross the border to the contact line; they have to register as IDPs which is called from some people a so called “pension tourism”; this was stopped for six month, this was a huge problem for the most vulnerable, namely elderly people, women and children as well as people with disabilities; everyone else can move freely but IDPs cannot – they are deprived from major human rights; furthermore they are in a hostile environment where there are many prejudices (especially that they are separatists which leads to disadvantages in housing and employment – the major factors of disadvantages). Many of them go back to the occupied territories because of this.
  • There are 1,8 Mio registered IDPs in Western Ukraine; some are in Poland (but not really a lot), and many in Russia (most of them not registered); 15% in Donetsk and Luhansk are in government controlled areas
  • In January 2015 an interim order to control the movement of persons, vehicles and goods along the contact line was approved, from then on you had to obtain permits to cross the contact line.

 

Crimea:

  • In late 2014 rail and bus connection with Crimea have been suspended
  • Only a limited number of items were allowed to be moved; personal belongings and food up to 10 000 UAH and 50kg per person.
  • Human rights activists noted an active militarization of the administrative boarder from the Crimean side
  • Prosecution of non-loyal people through the Russian authorities; many of them are Crimean Tatars
  • 16 persons are missing, 6 found dead, there is no freedom of media and there are reports of numerous illegal trials against non-loyal people
  • 28 are arrested and tortured, 14 in Crimea and 14 in Russia (also Crimean Tatars)
  • There is no access to jails and no diplomacy towards getting into jails because Crimea is still seen as Ukrainian territory by the Ukrainian authorities
  • Elmo Omerov (?); Crimean Tatar Leader

 

IDP:

  • With the beginning of the occupation of Crimea and the armed conflict in Donetsk and Luhansk regions, Ukraine faced a new phenomenon – mass internal displacement of the population. According to official figures of the Ministry of social policy of Ukraine there are 1,7 Mio IDPs (September 2016). 60% are children and elderly people.
  • One of the main problems of IDPs is the suspension or denial of social payments. Registration as IDP is linked to social payments; that is why the number is very high; In February 2016 the social security offices started receiving lists compiled by the Security Service of Ukraine (SBU), containing information regarding IDPs who should be stricken down from the registry due to them allegedly residing in the non-government-controlled areas. The existence of this list has been confirmed by the Ministry of Social Policy, when it reported on the partnership with SBU in their “crusade against social benefits fraud”. With this list many IDPs have been excluded, based on unpredictable legal criteria without informed decisions in each particular case, from registration without notice.  – This deprives them from basic constitutional rights.
  • They also face problems in the verification processes of e.g. renewal of passports, tax ID numbers, diplomas, property titles, etc.
  • Registration as IDP started only half a year after the war broke out, many who fled in those first days are not registered as IDPs and therefore do not receive social payments
  • 90% of IDPS have to care for their accommodation themselves and privately; social assistance does not cover the rent payments; only 4-5% are in collective centres although this number has been higher shortly after the war broke out
  • It is a discriminatory regime against IDPs, owners would ask about your origin or birthplace, they wouldn’t rent to IDPs (Because many will move back when the war ends; because there are various prejudices against IDPs – they are presumed to be separatists, because they are not patriotic; most of them do not support the Ukrainian military, but they also are not supportive of the separatists; they actually only want peace)
  • There was a Ministry of Temporarily Occupied Territories and IDPs introduced in April 2016, they do quite good work , still the support of the host community is pretty low

 

Right to Protection:

Represented through Olena Vynogradova (Legal Analyst)

HIAS, and its partner agency in Ukraine, Right to Protection (R2P), monitor and advocate for improvements in the legal and regulatory framework affecting IDPs, identify gaps and develop solutions in light of the real needs and specific problems of the displaced population.

 

Based on the findings from monitoring and evidence gathered from the Donetsk, Dnipropetrovsk, Kharkiv, Kherson, Odesa, Luhansk, Zakarpattya and Zaporizhzhya regions, R2P advocates to ensure that the Government’s legal and policy response to internal displacement in Ukraine is implemented in conformity with international human rights standards. R2P also raises awareness of the issues facing IDPs in Ukraine through local media.

 

The government does not guarantee social security for people in the non-government-controlled areas; they have to use the procedures established in Resolution 637 designed for IDPs. People therefore have to travel to the government-controlled area and apply for IDP status, despite not actually being displaced. As a consequence, official statistics on the number of IDPs is wildly inaccurate. In 2015 payments to over 180 000 IDPs have been suspended due to data provided by SBU.

 

Political Rights:

  • 3,5% of Ukrainians (IDPs) are deprived of the full mechanism for realization of their political rights, especially the access to right to vote;
  • Ukraine does not recognize any legal documents, which were issued by so-called LPR or DPR; this is crucial for birth certificates or deaths that occurred. People therefore may address to any court in the government-controlled area to establish the fact of birth or death.

 

8. September 2016

Treffen mit Alexander Hug und Marinka Franulovic, OSZE

12:30 Uhr

Gerhard Marchl

 

Abstract:

OSZE Alexander Hug SMM-Leiter und Marinka Franulovic. Hug verweist wiederholt auf das begrenzte Mandat der Mission an der Roten Linie die aufgrund des Minsk-Abkommens und auf Basis eines Mandates des Ständigen OSZE-Rates eingesetzt wurde. Er weist auf die periodisch aufkommenden Kampfhandlungen und auf die Einrichtung eines Kontaktkomitees zwischen ukrainischen und separatistischen Militärs. An einzelnen Beispielen zeigt er auch die Rolle und Arbeitsteilung russischer Militärs und der Separatisten.

 

Hug legte die Schwerpunkte der OSZE-Mission in der Ukraine dar, indem er den chronologischen Ablauf der Ereignisse und des Engagements der OSZE rekapitulierte:

  • 2014: Eskalation mit immer schwereren Waffen
  • 21. März 2014: Entscheidung des Ständiges Rates der OSZE; sehr breites Mandat; Punkt drei legt die Aufgaben der OSZE fest.
  • Juli 2014: Abschuss der Malaysian Airlines-Maschine
  • 5. September 2015: Minsk; Hauptziel Waffenstillstand, keine Aufgaben für OSZE
  • 12. Februar 2015: Minsk II sieht u.a. Waffenstillstand, Rückzug von bestimmten Waffen und politische Maßnahmen vor. Das Mandat der OSZE umfasst lediglich die Überwachung der Vereinbarungen, doch die Erwartungen sind höher. Die OSZE hat 600 Beobachter an 14 Orten stationiert. Es ist nicht Aufgabe der OSZE, die Kämpfe zu stoppen und der Zivilbevölkerung direkt zu helfen, sondern die Informationen an jene weiterzuleiten, die die Bevölkerung mit Wasser, Nahrung, Medikamente etc. versorgen.
  • Sommer 2015: Aufflammen der Kämpfe
  • Mai 2016: Erneutes Bekenntnis zum Waffenstillstand. Zusätzliche Vereinbarungen verbietet militärische Ausbildung im Bereich der Kontaktlinie und Minen in bestimmten Bereichen.
    Das bereits bestehende russisch-ukrainische „Joint Center for Control and Coordination“ soll die Sicherheit erhöhen und u.a. die Entminung begleiten.
  • Seit 1. September 2016: Nach Monaten heftiger Kämpfe tritt ein neuer Waffenstillstand in Kraft. Die Gewalt ging seither um 90 % zurück, aber alle Risiken bleiben: Minen, Waffen, Kämpfer.
    Für Hug ist neueste Entwicklung positiv: Der Konflikt kann noch beendet werden, noch gibt es keinen tief verankerten Hass, was sich aber ändern könne.
  • 7. September 2016: 41. Runde in Minsk: Diskussion über Truppenentflechtungsabkommen und Rückzug schwerer Waffen.

Fakten zur OSZE-Mission: 700 Beobachter; insgesamt über 1.100 Personen

Machtstruktur auf Seiten der separatistischen Volksrepubliken Donezk und Luhansk: Die Befehle seien von den beiden Republiken unterzeichnet; es gebe keine objektiven Anzeichen, dass sie aus Moskau kämen.

Möglichkeiten einer bewaffneten OSZE-Mission: Dafür wäre eine neues, eindeutiges Mandat durch den Ständigen Rat nötig. Der deutsche Vorsitz hat informelle Konsultationen eingeleitet. Die Gerüchte über ein neues, robusteres Mandat haben Gewalttaten gegen die Mission bewirkt.

Erleichterung des Dialogs: „OSCE Dialogue Facilitation Officers“ arbeiten eng mit NGOs zusammen. Ergebnis sei zB ein Zusammentreffen zwischen Müttern von Soldaten mit Alexander Sachartschenko von der DNR.
Die OSZE möchte in diesem Bereich noch aktiver werden. Noch hätten die Bevölkerungen auf beiden Seiten keine wirklichen Probleme miteinander. Vielmehr würden sie unterschiedlich informiert. Daher gilt es, den Zugang zu objektiver Information sicherzustellen.

Zahl der IDPs: 1,7 Mio in der Ukraine, aber viele sind nicht registriert. Schwierige Schätzungen für die Separatisten-Gebiete.

NGOs in den Separatisten-Gebieten: Fünf NGOs sind aktiv, darunter Maximal und Most. Letztere betreibt drei Zentren für IDPs in Donezk. Diese NGOs werden im Wesentlichen von UN-Organisationen wie dem UNHCR oder UNICEF finanziert.

 

 

 

Donnerstag 8.September: CENTRE FOR COMBATTING CORRUPTION

15.00h

Marta Ruda,                                       RA und Programmmanagerin

Oleksandra Ustinova,                        Vorstandsmitglied

Vorsitzende musste weg

https://antac.org.ua/en/

https://ukr.aw

Peter Steyrer

 

 

Abstract:

Center of combating corruption mit drei Anwältinnen und Rechtsberaterinnen. Sie stellen die aktuellen Entwicklungen hinsichtlich der Gesetzgebung bei der Korruptionsbekämpfung dar und haben einen Fall von Betrug bei Bankeninsolvenz in den auch österr Banken (Meinl und Winter) für uns aufbereitet, damit wir weitergehende Schritte setzen mögen.

 

Das Zentrum zur Korruptionsbekämpfung wurde 2014 im Gefolge der Majdanbewegung gegründet. 15.000 Staatsanwälte, zahlreiche Anzeigen, in drei Fällen bereits abgeschlossen mit Freiheitsstrafen. Strenge Transparenzregeln für alle Politiker. Gesetzliche Transparenz für alle Menschen betreffend ihre Besitzverhältnisse (insb. Immobilien und Autos). Vor allem bei Beamten werden etwaige Unterschiede zwischen ihren Angaben und dem tatsächlichen Besitz sichtbar. Eine neue Anti-Korruptionsbehörde wurde bereits eingerichtet.

 

Das Zentrum erfährt Unterstützung von Parlamentariern sowie von in- und ausländischen Geldgebern.

 

Marta berichtet von einem Geldwäschefall und überreicht uns entsprechende Unterlagen und Akten. Es geht dabei um die wahrscheinlich zumindest tw vorgespiegelte Insolvenz von rund 100 ukrainischen Banken. Nach einiger Zeit sind Millionensummen der Hintermänner dieser Banken bei österreichischen (Meindlbank, Bankhaus Winter,…) liechtensteinischen, luxemburgischen u.A. Banken aufgetaucht.

Die Initiative hat im Juli 2016 eine Anzeige bei der StA Wien eingebracht. Wir versprechen entsprechende Anfragen im NR.

 

 

 

8.September 2016

16:00h

Gespräch mit Natalia Humeniuk, Chefredakteurin des Online-Senders HROMADSKE TV

https://hromadske.ua/

Claudia Stadler

 

Abstract:

Natalia Humeniuk, Chefredakteurin des Online-Senders Hromadstke TV[3], erzählte der Reisegruppe von der Entstehung des Senders, und dass die meisten der (jungen) MitarbeiterInnen 2014 an der Maidan Revolution mitwirkten. Natalia betonte die Größe, Struktur und Entwicklung der Separatistengebiete, die einen frozen-conflict analog zu Ossetien, Abchasien oder Transnistrien kaum vorstellbar erscheinen lassen. Mehr als vier Mio EinwohnerInnen in einem hochindustrialisierten Gebiet kaum agrarisch ausgerichtet sind nur schwer dauerhaft zu kontrollieren.

 

Natalia berichtete von der zumeist einseitig berichtenden Medienlandschaft in der Ukraine, und wie teuer es sei, über Satelliten on air zu gehen. Darüber hinaus sei die Korruption ein Thema, wo sie als unabhängiger Sender nicht mitmachen wollen.

Zum Konflikt in der Ukraine und die Möglichkeit eines wirtschaftlichen und politischen Überlebens der Separatistengebiete als unabhängige Volksrepublik meinte sie, dass es alleine schon aufgrund der Größe, aber auch der Wirtschaftsstruktur (Industriegebiet Donbass, mit veralteter Infrastruktur, ohne Möglichkeiten einer Investition, kaum agrarisch ausgerichtet) unmöglich sein wird, als gänzlich unabhängiges Gebiet  mit einer Bevölkerung von ca. 4,5 Millionen Menschen mittel- und langfristig überlebensfähig zu sein. So ist auch ein eingefrorener Konflikt à la Ossetien, Abchasien oder Transnistrien kaum denkbar. Russland hat jetzt schon erhebliche Mehrausgaben bzgl. Pensionsauszahlungen in den Separatistengebieten. Wie lange sie das finanzieren wollen und können, ist fraglich.

 

Natalia meinte auf die Frage, welche Bevölkerungsgruppen sich noch in den Separatistengebieten aufhalten, dass es eher ältere und kranke Personen sowie Familien mit vielen Kindern sind, die bleiben, da sie keine Möglichkeiten haben, wegzuziehen. Sehr viele MitarbeiterInnen haben persönliche Kontakte zu Verwandte/Eltern, die im Donbass Gebiet leben. Politische AktivistInnen, MenschenrechtsverteidigerInnen bzw. die Mittelschicht haben längst die Region  verlassen.

Bzgl. der Handelsblockaden zwischen dem von der Ukraine kontrollierten Gebieten und den Separatistengebieten war Natalias Einschätzung, dass dies höchstens das Schmugglerwesen stärkt, und die Bevölkerung sehr darunter leidet.

 

 

 

 

 

 

 

8. September 2016

19:00 Uhr

Runder Tisch im Crisis Media Center

Claudia Stadler

Uhr round table mit 10 AktivistInnen, Intellektuellen, Journalistinnen, Kulturschaffenden aus der Majdanszene; die Einschätzung der Rolle der Zivilgesellschaft bzw. der politischen Institutionen, die allgemein als korrupt eingeschätzt wurde, stand im Zentrum der Diskussion.

Videodokumentation dazu findet Ihr hier: https://www.youtube.com/watch?v=yazYl9IiNLY

Nach dem runden Tisch konnten noch bis Mitternacht Kontakte geknüpft und Debatten vertieft werden. U.A. zu JournalistInnen, die für die Einrichtung einer gemeinsamen Info-Plattform plädieren.

 

Moderiert von Kateryna Sergatskova (Ukrainska Pravda, Co-Autorin von „Euromaidan – History in the making“)

 

 

 

TeilnehmerInnen:

Maksym Butkevych                 (NGO No Borders, Journalist, arbeitet zu Asylrecht und Menschenrechte)

Olesya Ostrovska                   (ehemalige Beraterin des Kulturministeriums, jetzt Leiterin des Art Arsenals)

Andriy Repa                           (Übersetzer von Alan Badiou, Michel Onfray, Jacques Rancière)

Palina Brodik                                     (NGO Let my people go“ Center for Civil Liberties)

Oleksandra Dvoretskaya        (NGO Vostok SOS)

Olena Shubkina                      (CS network on societal problems)

Yulia Vaganova                      (Art Arsenal)

Yehor Stadnyi                                     (CEDOS)

Zhenia Moliar                         (Congress of Cultural Activists)

Kateryna Botanova                (Ukrainian Truth)

Zakhar Popovych                   (Aktivist, Researcher)

Natalka Neshevets                  (VCRC, Kurator d School of Displaced People)

Andriy Dihtyarenko

Sasha Romantsova                 (NGO für Menschenrechte, Monitoring im Osten der Ukraine und auf der Krim)

 

Österreichische Delegation:

Hannes Swoboda, Tanja Windbüchler, Peter Steyrer, Jakob Fürst, Georg Blaha, Stephanie Fenkart, Gerhard Marchl, Claudia Stadler

 

 

Die Rolle der Zivilgesellschaft und der politischen Institutionen, die als korrupt und nicht willens, Reformen umzusetzen, dargestellt wurden, war  das Hauptthema der Diskussion.

Nach einer Vorstellrunde legten die TeilnehmerInnen des Rundes Tisches ihre teilweise unterschiedlichen Sichtweisen zum Konflikt in der Ukraine und die Möglichkeiten, was die Zivilbevölkerung tun kann, dar.

Die Schaffung einer Plattform für Aktivistinnen und lokale Autoritäten/Communities wäre wichtig, um über Dialog die anstehenden Probleme (IDPs Versorgung beispielsweise) anzusprechen und zu bearbeiten. In den von den Separatisten kontrollierten Gebieten sei derzeit keine Möglichkeit in Sicht, die Bevölkerung bzw. erst recht nicht die dortigen Autoritäten miteinzubeziehen.

Maksym Butkevych äußerte sich besorgt über die Folgen des andauernden Konfliktes: je länger der Konflikt, desto mehr Menschen würden sich in zwei geteilte Lager aufteilen, eine Spaltung der Gesellschaft wird vorangetrieben, und die Unterstützung nationalistischer Bewegungen immer größer.

Olesya Ostrovska thematisierte die Zielgruppen für einen Dialog der Versöhnung. Soll hier Kiew/Ukrainische Regierung und das nicht von der Ukraine kontrollierte Gebiet miteinander Dialog führen, oder Ukraine und Russland. Das Problem beginne bereits, mit den Kindern, die jetzt inmitten des Konfliktes aufwachsen. Aber die ukrainische Gesellschaft sei reifer durch den Konflikt geworden.

Sasha Romantsova spricht von alten sowjetischen Ansichten/Stereotypen zu Held/In, Opfer und VerräterIn/KollaborateurIn. Yulia Vaganova meint, dass das entstandene Loch ohne Sowjetprogramme in der Ukraine nun mit Nationalismen gefüllt wird. Zudem seien DPR und LPR (Donezk und Lugansk „Volksrepubliken) noch nicht bereit für einen Dialog. Aber über kulturelle Projekte könnte die Vision vom Frieden vermittelt werden.

Yehor Stadnyi ortete verschiedene Brüche in der Gesellschaft: Misstrauen gegenüber Regierung und Behörden sowie die Debatte um die Dekommunisierungsgesetze. Besorgt zeigte er sich über eine massive Verschlechterung der Bildung, vor allem auf Universitäten. Es würde eine Stigmatisierung der Studierenden stattfinden, die aus den Konfliktgebieten stammen.

 

Zudem gäbe es einen Konflikt zwischen traditionellen Werten (Anti Maidan) und Modernisierung (Pro Maidan). Andrij Repa spricht dabei von einem Fehlen linker Politik, Antikriegs-Positionen. Es gäbe „Mini-Kriege“ innerhalb der Ukraine – Timoshenko pro und contra; Putin pro und contra; generell ist ein großes Misstrauen der Bevölkerung gegenüber der Regierung/Autoritäten festzustellen. Das schafft den Boden für antidemokratische Entwicklung.

 

Die Rolle und der Zustand der Zivilgesellschaft war ein wiederkehrendes Thema in der Debatte: Während Repa eine Krise der Zivilgesellschaft feststellte, stellte Ostrovska dies in Abrede. Richtig sei, dass die Zivilgesellschaft über die Machtlosigkeit und Ineffizienz der Institutionen entsetzt sie. Sie müsse selbst mehr Verantwortung übernehmen. Popvych hingegen kritisierte die Tabus der Zivilgesellschaft: Es gebe keine Stimmen gegen den Krieg, mit der Zivilgesellschaft in den besetzten Gebieten werde nicht gesprochen, und an der Dekommunisierung werde keine Kritik geübt. Butkevych widersprach indirekt: es gebe aktive Diskussionen in der Öffentlichkeit über alle Themen. Geschwächt werde die Zivilgesellschaft von der Sparpolitik und der Wirtschaftskrise.

 

Die Rolle der Medien wurde von Andriy Dihtyarenko angesprochen. Sie seien in einer schwierigen Lage, da sie von beiden Seiten unter Drück gesetzt würden. Sie hätten es nicht geschafft, sich der Propagandamaschinerie zu entziehen. Butkevych ortete diese Propagandamaschinerie vor allem in Russland; die Ukraine sollte nicht diesem Beispiel folgen, denn viele wollten Diversität.

 

Es wurde nochmal von mehreren AktivistInnen, u.a. Romantsova, festgehalten, dass es in den Separatistengebieten niemanden mehr gibt, der politisch aktiv sei bzw. für die Menschenrechte kämpft. Diese seien geflohen, die gebliebenen sind entweder absolut loyal, oder haben Angst sich zu äußern, und schweigen lieber (um zu überleben). Unterschiedliche Meinungen wurden vertreten, als es um die Frage ging, ob in den Separatistengebieten Wahlen abgehalten werden sollten. Popovych erwartete von Wahlen eine Demokratisierung; Romantsova sah in Wahlen in Unfreiheit keinen Sinn.

 

 

9.9.2016, 8:30 Uhr

Treffen mit Nicolas Fleury, IKRK

Gerhard Marchl

 

Abstract:

Uhr IKRK Nicolas Fleury, IKRK baut eine Mission in den kriegsbetroffenen Gebieten auf. Im Separatistengebiet haben sie große Schwierigkeiten damit. Sind dort rausgeflogen. Seit dem Frühjahr 2014 hat der Konflikt 9000 Tote und 21.000 Verletzte gefordert. 5,2, davon 1,7 Mio Kinder sind betroffen. Dem IKRK zu Folge gibt es 1,4 Mio Binnenflüchtlinge. 900.000 Flüchtlinge in den Nachbarländern v.a. Russland, Weißrussland und Polen. Besorgniserregend sind der mangelnde Schutz der Zivilbevölkerung und der eingeschränkte Zugang in den umkämpften Gebieten va auf Seiten der Separatisten. Allg Verschlechterung der wirtschaftlichen und sozialen Situation für viele Menschen: Arbeitslosigkeit, Inflation und Preissteigerung in allen Lebensbereichen.

 

Die Delegation des IKRK in der Ukraine musste 2014 überraschend und schnell aufgebaut werden. Heute besteht die Delegation aus 420 Personen, 70 davon sind Expats. Die MitarbeiterInnen haben durchschnittlich nur acht Monate relevante Berufserfahrung.

Das IKRK gehört zu den wichtigsten Playern in der Ukraine, auch wenn die Akzeptanz in den Separatistengebieten schwierig zu erreichen ist. Weitere wichtige Organisationen vor Ort sind People in Need und das UNHCR.

Die Koordination der Hilfe gehört zu den größten Herausforderungen des Einsatzes, Vorausplanung ist ebenso von großer Bedeutung.

Versorgungslage: Generell ist die Situation laut Fleury in den separatistischen Gebieten schlechter als in den von der Regierung in Kiew kontrollierten Gebieten. Das Preisniveau ist 20 bis 30 % höher, und die zumeist russischen Waren sind meist von minderer Qualität. Medikamente sind noch teurer.

Das IKRK unterhält eine Vielzahl an Projekten, die den Bedürfnissen der Bevölkerung Rechnung tragen:

  • Zugang zu Gesundheitseinrichtungen: Wegen unterbrochener Straßen stellt das IKRK den Transport zu Spitälern sicher, zT durch Unterstützung privater Busunternehmen.
  • Bereitstellung von Internetverbindungen und Radio
  • Verteilung von Lebensmitteln: Im ersten Halbjahr 2016 wurden 203.000 Rationen verteilt; 110.000 bis 120.000 Menschen werden hier versorgt. Ein Essenspaket reicht für einen Monat. Nach Möglichkeit steigt das IKRK auf die Verteilung von Bargeld um, aber dies ist in den separatistischen Gebieten nicht möglich.
  • Landwirtschaft: Verteilung von Hühnern sowie Kartoffelsamen; in den separatistischen Gebieten wurde die Genehmigung zu spät erteilt.
  • Wirtschaft/Arbeitsmarkt: Vor allem Städten besteht die Herausforderung, Arbeitsplätze zu schaffen, beispielsweise durch Errichtung von Werkstätten und kleinen Unternehmen.
  • Gesundheitsversorgung, Unterstützung für Spitäler: Die Zahl der Opfer sinkt, die Militärs sind selbst in der Lage, sich um die Verwundeten zu kümmern. Einige Gesundheitseinrichtungen sind zusammengebrochen, Spitäler unterfinanziert, das IKRK schaltet sich ein. Das IKRK ist vor allem in den nördlichen Bereichen der Kontaktlinie präsent, im Süden Ärzte ohne Grenzen. Wichtig sind die Versorgung mit Medikamenten sowie die Zurückdrängung der Korruption in diesem Bereich. Das IKRK hat bereits 66.000 Insulin-Flaschen verteilt, und über 100.000 Blutproben konnten dank IKRK getestet werden.
    Die langfristige Versorgung der Verwundeten funktioniert nicht; daher versucht hier das IKRK die betroffenen Familien vermehrt zu unterstützen.
    Psychologische Hilfe: in der Ukraine wird sie angeboten, in den separatistischen Gebieten nicht. Auch hier schaltet sich das IKRK ein.
  • Wasser und Infrastruktur: Viele Menschen sind auf die Donezker Wasserleitung angewiesen, der aus dem Kernland kommt, u.a. Donezk und Mariupol versorgt und dabei mehrfach die Frontlinien quert. Auch Lugansk hängt von Wasser ab, das aus der Ukraine stammt.
    Das IKRK als neutraler Mediator reparierte Schäden und stellt Chemikalien und Messgeräte zur Verfügung. Dennoch sind manche Regionen seit zwei Jahren gänzlich ohne Wasser. Das IKRK bemüht sich hier um eine Hochdruckwasserleitung insb. zu Heizzwecken.
    Ziel ist letztlich die Schaffung demilitarisierter Zonen rund um kritische Infrastruktureinrichtungen.
    Schulen: Schutzeinrichtungen wurden verstärkt, Lehrpersonal und Kinder in richtigem Verhalten bei Beschuss und Minen trainiert.
  • Schutz der Zivilbevölkerung, Einhaltung des Humanitären Völkerrechts: Mit den ukrainischen Streitkräften ist ein offener Dialog über Verletzungen der Genfer Konvention möglich. Das IKRK bemüht sich, das Militär aus den Ortschaften rauszubekommen.
    Auf Seiten der Separatisten erhält das IKRK kaum Zugang zu den Streitkräften, um sie über die Grundregeln in bewaffneten Konflikten zu unterrichten. Nur manche Kommandanten der DNR zeigen sich hier gesprächsbereit. Die ukrainische Armee zeigt sich sehr kooperativ.
  • Zugang zu den Gefängnissen: Die ukrainische Gesetzeslage sieht keinen Zugang zu den Insassen vor, aber dieser ist dem IKRK wichtig. Der ukrainische Sicherheitsdienst (SBU) zeigt sich einigermaßen kooperativ. Ein Drittel der ukrainischen Gefangenen vor 2014 war in der jetzigen Konfliktregion (insb. Donezk) unterbracht. Aus Paranoia wird dem IKRK dort der Zugang auch zu den normalen Gefängnissen verwehrt. Dennoch hat das IKRK einen recht guten Überblick über die Anzahl der Insassen.
  • Vermisste Personen: Die Anzahl der Vermissten beläuft sich auf ukrainischer Seite auf etwa 900, auf der anderen Seite auf 400 Personen. 1000 Leichen wurden geborgen, aber konnten noch nicht identifiziert werden. Viele Opfer wurden noch nicht geborgen.
    Das IKRK bemüht sich um einen trilateralen Mechanismus, aber die DNR zeigt sich eher wenig, die LNR gar nicht kooperativ.

Weitere Aspekte der Arbeit des IKRK:

  • Einfluss auf den Zusammenhalt des Landes: Die Arbeit an der Infrastruktur stärkt das letzte Bindeglied.
    Letztlich sind wir, so Fleury, Zeugen der Scheidung zwischen der Ukraine und Russland mit dem Donbas als Opfer.
  • Die Kooperation mit der OSZE funktioniert sehr gut. Es gibt regelmäßigen Austausch mit den Arbeitsgruppen für humanitäre und wirtschaftliche Fragen, aber weniger zur politischen Arbeitsgruppe. Dem IKRK ist es wichtig, als eigenständige und unabhängige Organisation wahrgenommen zu werden.

 

 

 

 

 

Friday, 9th of September

10:00h-11:00h

Maksym Butkevych at VCRC

Jakob Fürst

 

 

Abstract:

No Borders Maksym Butkevych. Butkevych ist im No Borders Netzwerk der EU und social action centre. Ukraine ist 2002 der Genfer Konvention  beigetreten. Die Behandlung von Flüchtlingen entspricht dem nicht. Kleine Zahlen , keine Unterstützung, wenig private Hilfe.  Anerkennung von 7-10 %. Seit Majdan hat die Zivilgesellschaft die Flüchtlingsarbeit übernommen;  Kooperation der NGOs, mit UNHCR und BeamtInnen f. Asylrecht, was das Beste der Welt hervorgebracht hätte. Durch Krimbesetzung wurde wieder alles in Frage gestellt. Kriegsstimmung hat viele Chancen torpediert. Regierung gegen Flüchtlinge, Gesellschaft hat große Sympathie v.a. f IDPs, bei konkreter Arbeits- oder Wohnungssuche gibt’s f IDPs allerdings oft Schwierigkeiten.

 

Maksym Butkevych works for No Borders and the Social Action Centre. He has been described by Georg Schöllhammer as a central figure in Kiev’s activists’ scene. This is a protocol of his remarks during our meeting.

 

His fields of work include far-right monitoring and the work with post-Soviet (and other) asylum seekers, e.g. if there is no perspective that they may actually get asylum such as Angolans who are without refugee status until today. Also Somalis do not get asylum in Ukraine. Social issues evolve. „Freedom of movement is a right, not a privilege“, Maksym says: „business always finds a way to cross borders. People need a regime for it.“ The current visa regime is a major concern for him as Maidan did not bring the visa-free travelling Maksym hoped for. There are even more borders and obstacles to the free movement of people since the beginning of the conflict (new borders with Russia; international passports are now required etc.).

 

On Maidan, Russian refugees in Ukraine joined the protests. There seems to be at least one case of kidnapping connected to these protests [not confirmed, JCF]. Ukraine acts as the „outer border of fortress Europe“, as a buffer zone. There is much more EU support for border controls instead of the asylum system.

 

After Yanukovych left, activists took over and occupied the State Migration Office. A three-party memorandum had been signed at this occasion and represented a road-map to reform which was interrupted by the occupation of Crimea. Since then, officials keep saying that „reforms are not possible due to the war“. The system currently in place seems to be largely at random; Russian refugees partly do get asylum.

 

The Crimea occupation brought the first IDPs to other parts of Ukraine. By the government, these are often regarded as the electorate of the Party of Regions. They face both sympathy and discrimination. Crimeans face a different situation than IDPs from the East in this regard. Some people may say, “they left while our sons fight for them and their homeland”.

 

“Freedom of movement is a prerequisite for dialogue”, otherwise ghettos develop where each side mistrusts the other.

 

The Donbass is a traditionally mixed area due to the inflow of (mining) workers. Only in 2004, the image of a divided Ukraine has been introduced by Yanukovych and has subsequently slowly been developed over the course of ten years. Yanukovych placed Donetskers in all public offices. Therefore, negative stereotypes about Donetskers are now in existence. Their flight is based on the war, not on ideology. In Luhansk, there was no support for unification with Russia in 2013 (this is a difference to Crimea).

 

 

 

9.September.2016, Mittagessen mit Gerhard Bösch, Raiffeisen International

12:30 Uhr

Georg Blaha

 

Abstract:

Mittagessen mit Gerhard Bösch Aval-Ukraine. Vor allem rund um (geo)politische Fragen wie Stabilisierung des Landes und Hoffnung auf Aufschwung. Auch Aval-Bank hat inzwischen ausstehende Kredite alle abgeschrieben und im ersten Quartal erstmals seit zwei Jahren wieder positiv bilanziert.

 

 

 

Es gibt erst seit wenigen Monaten ein eigenes Ministerium für die „ATO-“Gebiete, geführt von einem jüngeren, engagierten Minister mit eher positiven Ansätzen und einer Perspektive Richtung Wiederaufbau.

Seiner Einschätzung nach ist der Minsker Prozess derzeit nicht erfolgreich, diesen Prozess sieht er aber als Voraussetzung für innerukrainische Initiativen.

Pointiert formuliert er, dass gegenüber der „Vor-Maidan-Zeit“ nun nicht mehr die Bevölkerung vor den Herrschenden Angst haben muss sondern die Regierung vor dem Unmut in der Bevölkerung.

Bank-Mitarbeiter, die sich an den Maidanprotesten beteiligt hatten, haben damals zu ihm gemeint, das sei jetzt die letzte Gelegenheit, um das alte Regime zu stürzen, wenn nicht jetzt, dann werde es auf lange Zeit nicht mehr gelingen.

Zum Thema Korruption meinte Bösch, Janukowytsch hätte als letzter Vor-Maidan-Präsident nach seiner Wahl alle öffentlichen Institutionen auf „seine Finanzierung umgeschaltet“.

Was die derzeitige Parteienlandschaft betrifft, so gäbe es keine einzige Partei, die klare politische Positionen vertritt, die Parteien würden ihre Positionen eher pragmatisch an die jeweilige Situation anpassen. Ein Fortschritt sei, dass nunmehr etwa die Hälfte der Abgeordneten nicht mehr „gekauft“ seien.

Viele Ukrainer haben Verwandte im Osten.

Die wirtschaftliche Situation der Ukraine befindet sich derzeit nicht mehr im Abwärtstrend, es besteht aber die Gefahr, dass bei Wahlen in etwa einem Jahr Vertreter der alten korrupten „Partie“, zB Fr. Timoschenko, gewählt werden, die im Wahlkampf mit der Frage punkten werden, was denn die derzeitige Regierung erreicht hätte.

Vergleicht man die Ukraine mit Polen, das nach Ende der Sowjetunion vergleichbare Wirtschaftsdaten hatte wie die Ukraine, dann ist das Einkommensniveau der Polnischen Bevölkerung jetzt sieben Mal so hoch.

Der Kriegszustand wird von Ukrainischen Politikern immer wieder als Rechtfertigung für den Reformstillstand benutzt.

Nach Einschätzung von Bösch war der Eingriff Russlands in der Krim und in der Ostukraine bereits länger vorbereitet. Widerstandsversuche im Osten bzw.  proukrainische Positionen wurden auf brutale Weise zerstört: durch Verhaftung, Folter, Enteignung).

Zu Bedeutung rechtsradikaler Gruppierungen und Parteien stellte er feste, dass diese bei den letzten Wahlen nicht mehr als 8% der Stimmen bekamen.

 

 

09.09.2016 CEDOS

14:00h-16:00h

https://www.cedos.org.ua/en

Jakob Fürst

 

Abstract:

CEDOS ein außeruniversitäres Forschungsinstitut das zu Erziehung, Stadtplanung und Arbeitsmarkt forscht. Eine zentrale These ist, dass die Probleme innerhalb der Institutionen zwischen neuen und alten Beamtengenerationen die größten Entwicklungsprobleme schaffen.

 

CEDOS describes itself as think tank and non-partisan analytical centre on the future of Ukraine. We talked to Yegor Stadnyi, Igor Tyshchenko and Oleksandra Slobodyan.

Yegor focusses on education and labour migration, esp. academic migration (there are about 40,000 Ukrainian students abroad). CEDOS’ analyses on destination countries, changes, flows (to EU and Russia), diasporas, austerity cuts result, although badly funded, in solution proposals to the government. There is a certain competition with official organisations who sometimes “plagiarise our ideas”.

Igor works on strengthening civic participation in urban development and on participatory budgeting in Odessa, Kharkiv, Kiev, Lviv (in the latter two, the (financial) situation is slightly better). Local administrations, business and grass-root campaigns ought to work together. There are some youth involvement workshops regarding urban development in Kharkiv, e.g. For these participation initiatives, there are mainly international donors, such as the German GIZ or Heinrich-Böll-Stiftung. The main source of conflict seems to be the lack of participation. An online course about the “basics” of participation for the public administration has been developed. There are “anti-development wars” and protests which are being monitored by CEDOS.

Oleksandra’s main work field seems to be labour, esp. with IDPs. In general, labour mobility in Ukraine is low. People tend to buy apartments instead of renting them. When jobless, personal contacts and relations count. IDPs do move, but usually do not register which has negative effects on the budgets and social infrastructure in the host communities. An ILO research (Oleksandra offered to send us the link) with “well developed methodology” shows that 34 % of IDPs are in the blackmarket, many part-time. They are “usually harder working”, the minimum wage is at 3000,- Gryvna.

Given the economic situation, CEDOS suggests the government engage and use the diaspora’s resources – “the government does nothing” in this respect. It “closes its eyes to migration”. A huge problem seems to be that “children of parents abroad stay with their grandparents in Ukraine who don’t pay attention on education” – this needs to be solved. Depending on the methodology used, there are 600,000 to 1.2 mio. labour migrants from Ukraine abroad (according to the International Organisation for Migration).

In academia, cooperation with EU organisations (Horizon 2020, e.g.) is hard. Third-party funding is rare due to the economic situation.

Adding to what has been said at the Round Table, there is a distrust tradition towards the government. Also, public salaries are too low for actually hiring people – who would then leave after six months, anyway. The result is that there is no sufficient public work force. Some important agencies are even without proper website.   

 

 

Freitag 9.September.2016 - 15.00 VCRC Treffen mit Kateryna Mischenko

Peter Steyrer

 

Abstract:

Kateryna Myschchenko - Autorin. Publikationen im Suhrkamp, eine Frauenantalogie… Sie erklärt uns die Bewegung gegen die Dekommunisierung. Dabei geht es darum das Gesetz zur Zerstörung aller aus der Sowjetzeit stammenden Kulturdenkmäler zu bekämpfen. Sie zieht dabei auch eine Analogie zur Sozialen Frage und Solidarität, die durch die Sowjetzeit auch deklassiert und entwertet erscheinen. Die Fraktion der EurooptimistInnen, die sich im Parlament als Ausfluss der Majdanbewegung etabliert haben, sehen diese Fragen auch nicht, sondern nur Neoliberalismus. Sie bedauert, dass sich niemand der sozialen Fragen annimmt. Es gibt keine Sozialdemokratie. Sie wird am 9.November in Wien im Burgtheater bei einer Debatte zu hören sein.

Kateryna Mischenko, Autorin und Kuratorin, geboren 1984 in Poltawa, war bis vor kurzem Herausgeberin des ukrainischen Kulturmagazins Prostory. Heute ist sie freie Autorin, Übersetzerin und Herausgeberin sowie Mitbegründerin des ukrainischen Verlags Medusa. Sie lebt und arbeitet in Kiew.

Leseprobe: https://ostpol.de/beitrag/4027-ein_schwarzer_kreis

Mishchenko stellt ihre Arbeit als Autorin, Verlegerin und Kuratorin vor. Ausstellungen zur Krim – besetzte Landschaften, Majdan und Postmajdan. Aufsätze zB in Andruchowitsch-Anthologie „Was in der Ukraine auf dem Spiel steht – Testfall Ukraine“, u.A. auich mit Jelinek-Aufsatz… Aufsatz in einer gender-Anthologie von Susanne Strelling.  Ihr Medusa-Vlg hat Bücher von Tymothy Snyder  u.A. in Ukrainisch herausgegeben. Mitarbeit im VCRC

Die Gruppe der Eurooptimisten in der Rada versteht sich als Erben der Majdan-Bewegung, vertritt jedoch eine neoliberale Agenda. Soziale Frage wird aus der Politik generell ausgeklammert!  Der Staat brauche bei Gesundheitsförderung oder im Solidarprinzip für Renten Nichts tun.  Es gibt keine Sozialdemokraten. Es findet eine Entwertung aller sozialen Werte und von Solidarität statt. Individuelle Hilfe ja – Institutionalisierung derselben fehlt vollkommen.

 Im Rahmen der Arbeit gegen das Verbot kommunistischer Denkmäler – Dekommunisierung -  sollte auch die soziale Thematik mit behandelt werden, da diese auch desavouiert erscheint. Auf ästhetische Weise darzustellen, dass nicht alles schlecht war früher, ist ein wichtiges Anliegen. Sie verweist auf eine These in Ben Judahs Fragile Empire: How Russia Fell in and Out of Love with Vladimir Putin, die seine Macht als Videokratie beschreibt.

Sie beschreibt die Majdanbewegung als dd EU-Abkommen ausgelöst, aber erst durch die Polizeiaktionen fand die Massenmobilisierung statt. Die soziale Situation und die Repression waren der Grund für die Mobilisierung. Die EU funktioniert derzeit als Mittel zur Durchsetzung demokratischer und rechtsstaatlicher Prinzipien. Die Menschen nehmen für die Demokratisierung und die Hoffnung auf Überwindung von Korruption und Repression viel auf sich. So sei das IWF-Programm gegenüber der Ukraine viel härter als jenes gegenüber Griechenland.Trotzdem kaum Widerstand gegen diese Maßnahmen. Andererseits können aber Populistinnen wie Timoschenko von dieser Situation profitieren.

Kateryna weist abschließend darauf hin , dass sie sich am 9.November in Wien aus Anlass einer Debatte im Burgtheater aufhalten wird. 

 

9.September.2016

Natalia Vorozhbit und Alek (?) vom theatre of displaced people

16:30-17:30 Uhr

https://www.displacedtheatre.com/

Georg Blaha

 

Abstract:

Theatre of displaced people – dokumentarisches Theater das zB das Stück „Die Kinder von Nikolaevna“ aufführt, einem Ort, der vom Krieg besonders betroffen ist. Die Kinder selbst führen das von ihnen aufgrund ihrer Erfahrungen aufgezeichnete Stück auf. Am 25.09. um 16 Uhr im Brut im Rahmen des Humanities Festivals in Wien zu sehen.

 

Natalia Vorozhbit hat das Theater gemeinsam mit Georg Genoux gegründet und leitet es mit ihm. Ht dabei um „Dokutheater“ (documentary theatre), eine Form des Theaters, in der reale Ereignisse nach gespielt werden, um sowohl die DarstellerInnen als auch das Publikum bei der Aufarbeitung schwieriger/traumatischer Erfahrungen zu unterstützen.

Konkret haben die beiden in einer Kleinstadt in einer Ostukrainischen Kleinstadt, die zeitweise von den Separatisten, dann wieder von der Ukrainischen Armee erobert wurde, mit 13-17-jährigen SchülerInnen deren Kriegserlebnisse, aber auch typische Jugenderfahrungen in einem Theaterstück umgesetzt. Ein Teil der Einwohner dieser Stadt sind proseparatistisch eingestellt. 

Dieses Stück wurde nicht nur in verschiedenen Ukrainischen  und auch westeuropäischen Städten (zB in Konstanz (D)) aufgeführt, sondern auch gefilmt.

Das erste Stück im neu gegründeten Theater hieß „Where is the east“, erarbeitet mit Menschen, die aus dem Osten geflüchtet waren.

Am Beginn der Erarbeitung eines solchen Stückes steht der „documentary day“, wo jeder seine/ihre Erfahrungen vorstellen kann und Feedback von Georg und Natalia bekommt. In den meisten Stücken spielen dann auch diejenigen, die ihr Erfahrungen eingebracht haben, auch selbst mit.

Zur Frage nach den vorrangigen Ansprüchen eines Dokutheaters erklärt Natalia: „first of all we want to make good art“ - Theater als Therapie steht nicht an erster Stelle.

Das theatre for displaced people spielt durchschnittlich vor 100 – 300 ZuschauerInnen, es hat kein eigenes Gebäude, sondern quartiert sich immer wieder in passenden, durchaus auch theaterunüblichen, Räumlichkeiten und bei befreundeten Theaterinitiativen ein.

Wenn es während des Theaterspielens bei Mitspielenden zu psychischen Problemen kommt, dann hilft einer aus der Kerngruppe, der auch Therapeut ist.

Das Theater versteht sich als Teil des größeren Projektes „The big drama“, bei dem es darum geht, Menschen im Theater auszubilden.

Manche Stücke werden speziell vor der Zielgruppe der Jugendlichen gespielt.

Für displaced people ist der Eintritt gratis – dieser Status wird jedoch nicht überprüft.

Eigene Erfahrungen spielen bedeutet, sie verarbeiten zu können – nachspielen hilft dabei.

 

 

 

 

 

 

 

 

10. September 2016 Reise nach Charkiw 500 km in den Osten

 

16.00 Jenia Gubkina Architektin, Stadtplanerin, erklärt einen großen Kulturunterschied zu Kiew. Hier seien die Menschen eher abwartend und zynischer. Charkiw war in der Sowjetunion bis in die 30er Jahre die Hauptstadt der ukrainischen Republik. Man könnte den Eindruck gewinnen, als ob hier das sowjetische Erbe noch mehr zählt und hoch gehalten wird. Das Umwerfen einer Lenin-Statue am riesigen Hauptplatz hat einigen Widerstand hervorgerufen. Majdan und Anti-Majdanbewegungen waren hier durchaus gleich groß, wobei nicht klar gewesen sei, ob die Anti-Majdanleute nicht bezahlte Leute gewesen seien. Sie persönlich zeigte sich auch enttäuscht davon, dass es auf der Krim keinen Widerstand gegen die russische Besetzung gegeben hat.

 

10.September 2016, Treffen mit Anna Sharynina und Partnerin, LGBT-Zentrum in Charkiw

17:00 Uhr

Gerhard Marchl

 

Abstract:

Anna Sarynina LGBT-Zentrum. LGBT-People sind in der Ukraine überall unter großem Druck. Demonstrationen werden nicht zugelassen. Homosexuelle werden diskriminiert und manchmal auch attackiert.

 

Im Zentrum kommen pro Jahr 400 bis 1000 Personen zusammen. Es gibt nur geschlossene Treffen, da mehr Offenheit zu gefährlich wäre. Die meisten BesucherInnen sind weiblich, es kommen jedoch vermehrt Männer.

Abgesehen vom LGBT- Zentrum gibt es in Charkiw noch Sportinitiativen für LGBT und einen Chor. Es gibt auch eine Gay Bar. Einige LGBT-Personen stehen offen/öffentlich zu ihrer sexuellen Orientierung.

Eine Gay Pride wurde in Charkiw bisher verboten. Die Behörden ignorieren die LGBT(-Bewegung) weitgehend. Entgegen der Meinung vieler ist die Akzeptanz von LGBT im Osten der Ukraine nicht höher als in anderen Landesteilen.

Insbesondere rechtsextreme Gruppen sind für tätliche Angriffe sowie Erpressungen, z.T. verbunden mit erniedrigenden Videos, verantwortlich. Insbesondere die „alte“ Polizei (die bereits unter Janukowitsch bestand) verfolgt diese Fälle nicht. Die neu gebildete und für LGBT-Anliegen (eher) sensibilisierte Polizei hat zu wenig Kompetenzen.

Gesetzeslage in der Ukraine: Die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare gibt es nicht, ebenso wenig registrierte Partnerschaften. Die Geschlechtsumwandlung ist möglich, jedoch müssen viele Widerstände überwunden werden. Daher greifen manche Betroffene auf illegale Wege zurück, um in Dokumenten einen Geschlechtswechsel zu erreichen. Dabei verstricken sie sich in Korruption.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Samstag 10.September - Treffen in Charkiv/Kharkov mit

Yuri Mikhlin etwa 70, Physikprofessor in Kharkov

Sergej Boiko etwa 30, Journalist in Kharkov

Peter Steyrer

 

Yuri Mikhlin beschreibt die Lage in der Ukraine so, dass es seit der Regierung Poroschenko wirtschaftlich nur schlechter geworden sei (Bip sank um 25 %), die Zahl der IDPs werde von ukrainischer Seite mit 1,8 Mio übertrieben. Es seien 600.000 Vertriebene in der Ukraine und 600.000 nach Russland geflohen. Und er sieht einen starken US-amerikanischen Einfluss auf den Konflikt und seine Entwicklung. Im Großen und Ganzen sei die Kriegsgefahr keineswegs vorüber und Kharkov dem Druck des Krieges ausgesetzt.

 

Sergej Boiko stammt aus Lugansk lebt jetzt seit 2 Jahren in Kharkiv. Er hat in Lugansk als Fernsehjournalist gearbeitet, sei dann von den separatistischen Kräften eine Woche festgenommen worden und später noch einmal von den ukrainischen Streitkräften für eine Woche. Er arbeitet inzwischen für eine ukrainische Boulevardzeitung und zwar zur Region Odessa. Er hat Kontakt zu Journalisten in Donezk und Lugansk wie auch nach Russland. Ein Treffen von Journalisten von beiden Seiten des Konfliktes zum Informationsaustausch fände er nützlich und würde er besuchen, wenn möglich.

 



[1] Die österreichische Delegation bestand aus: dem Grünen Klub im Parlament; Renner Institut, International Institute for Peace; Herbert C. Kelman Institute for interactive conflict transformation; Lehrer Graphische bzgl. Schulaustausch Ukraine-Österreich; tranzit.org - network of autonomous initiatives in contemporary art in at/ cz/ hu/ ro/sk/); Hannes Swoboda und Tanja Windbüchler

 

 

 

[2] Mit 2 VertreterInnen des Institutes, einer des „Theatre for dialogue“; 2 Vertretern von mediatEUr, national ass of mediators + netwoprk of dialogue facilitators, Angels oft he country, New country novakraine,

[3] Finanziert wird der Sender großteils von internationalen Gebern. Laut Wikipedia, soll nach Quellen des Finanzberichts des Senders stammten Ende 2013 rund 60 % seiner finanziellen Mittel von den Botschaften der Vereinigten Staaten und der Niederlande in Kiew sowie von der International Renaissance Foundation von George Soros stammen. 2015 und 2016 hat auch die Deutsche Botschaft in Kiew eine beträchtliche Summe überwiesen.